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GENETIK - "VERERBUNG - ZUFALL MIT SYSTEM" - TEIL 2

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Erinnern wir uns:

Die Erbinformation ist in Form des genetischen Codes, also in einer bestimmten Reihenfolge von Nucleotiden, in der DNS gespeichert.

Die Information für ein bestimmtes Merkmal nennt man Gen. Ein DNS-Molekül ist ein langes perlschnurartiges Gebilde, auf dem viele hundert Gene hintereinander angeordnet sind. Ein DNS-Molekül bildet zusammen mit gewissen Proteinen jeweils ein Chromosom.

Jeder höhere Organismus hat mehrere verschiedene Chromosomen, die Summe aller darin enthaltenen Erbinformationen nennt man Genom.
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ERBINFORMATIONEN WERDEN KOPIERT


Die Chromosomen befinden sich immer im Zellkern, die Verarbeitung der Informationen und damit der Stoffwechsel erfolgen im Zellplasma. Sowohl die Zelle nach außen als auch der Zellkern in der Zelle sind von einer biologischen Membran umhüllt.

Damit die Erbinformation genutzt werden kann, wird von dem Teil, der gerade benötigt wird, eine Kopie angelegt. Diese wandert dann ins Plasma, wird dort verarbeitet und dann wieder zerstört. Jede Zelle enthält die gesamte Erbinformation, es wir eben nur die benutzt, die eine bestimmte Zelle gerade braucht.

So wird beispielsweise in einer Haarbalgzelle neben einigen anderen der Teil des Genoms abgelesen oder kopiert, der etwas über die Haarlänge und die Bildung und Verteilung der Farbpigmente aussagt. Für eine Muskelzelle dagegen ist nur interessant wie der Bauplan für eine Muskelfaser aussieht und mit welchen Stoffwechselvorgängen eine Kontraktion zustande gebracht werden kann.
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CHROMOSOMEN IM TRANSPORTFORMAT


Die ganze Sache ist ziemlich kompliziert und wir wollen das auch nicht weiter vertiefen. Wir merken uns nur, daß jede Zelle das gesamte Genom enthält, daß jedoch lediglich der Teil der Information genutzt wird, der für eine bestimmte Leistung einer bestimmten Zelle gebraucht wird, und daß von diesem Teil des Genoms eine Kopie angefertigt wird, die dann zur Verarbeitung durch die Kernmembran hindurch ins Zellplasma geschleust wird.

Damit die Kopien schnell und fehlerlos hergestellt werden können, braucht man viel Platz. Daher sind die Chromosomen in diesem Stadium ganz langgestreckt. Wenn man sich so eine Zelle im Mikroskop anschaut, sieht man nur einen Wirrwarr von ganz feinen Fäden im Zellkern, einzelne Chromosomen kann man nicht erkennen.

Wenn sich nun so eine Zelle teilen soll, sei es, um eine verbrauchte oder verletzte Zelle zu ersetzen, oder von der befruchteten Eizelle ausgehend einen ganz neuen Organismus aufzubauen, dann muß gewährleistet sein, daß die beiden neu entstehenden TOCHTERZELLEN genau das gleiche Genom erhalten wie die Ausgangszelle.

Dazu werden die Chromosomen in der Vorbereitung einer Teilung oder MITOSE in eine Transportform gebracht. Sie werden nach bestimmten Regeln aufgewickelt (spiralisiert) und mit Proteinen verpackt. Am Ende dieser sogenannten PROPHASE sind die Chromosomen kurz, kompakt und im Zellkern deutlich sichtbar. In der nun folgenden METAPHASE ordnen sich die Chromosmen in der ÄQUATORIALEBENE an, einer gedachten Ebene, die den kugeligen Zellkern am Äquator durchschneidet. Gleichzeitig löst sich die Kernmembran auf. Jetzt kann man die Chromosomen im Mikroskop deutlich sehen und voneinander unterscheiden.

Wir sehen in Abb. 1 rechts (aus R. Wolff, 1970, Katzen, S. 192), daß die Zellen der Katze 38 Chromosomen haben.

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Wenn wir aber noch genauer hinschauen und uns die Mühe machen, die Chromosomen zu sortieren (Abb.1 links), dann können wir noch viel mehr erkennen.

Zu jedem Chromosom gibt es einen Zwilling, der identisch aussieht. Man nennt solche gleich aussehenden Chromosomen auch homologe Chromosomen.

Es gibt also 19 Chromosomenpaare oder HOMOLOGENPAARE.

Und jedes einzelne Chromosom besteht aus zwei Spalthälften, den CHROMATIDEN.

Was hat es nun damit auf sich?

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CHROMATIDEN LASSEN SICH VEREINFACHT DARSTELLEN


Um das herauszukriegen, basteln wir uns wieder, wie schon im er­sten Teil, ein ganz einfaches Modell. Da die Arbeit mit 38 Chromosomen nur zu einem heillosen Durcheinander führen würde, tun wir so, als ob die Katze nur 6 Chromosomen hätte.

Dann sieht die Äqatorialplatte der Metaphase wie in Abb.2 schematisch dargestellt aus:

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Jedes Chromosom hat eine "Kupplung", an der später eine Art "Zugseil", die SPINDELFASER, angeheftet wird, mit deren Hilfe die Chromosomen auf die beiden Tochterzellen verteilt werden. Diese Stelle wird ZENTROMER genannt und ist im Schema durch einen Kreis gekennzeichnet.

Die Lage des Zentromers ist bei bestimmten Chromosom immer gleich, entweder mehr in der Mitte, zu einem Ende hin verschoben oder fast ganz an einem Ende. Außerdem sehen wir in Abb.1 und Abb.2, daß die Chromosomen unterschiedlich groß sein können.

Jetzt haben wir schon zwei Unterscheidungsmerkmale, mit deren Hilfe wir Homologenpaare suchen können.

Es ergibt sich zwangsläufig die Paar-Anordnung wie in Abb.3 mit drei Homologenpaaren:

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Was sollen die Buchstaben auf zwei von den drei Homologenpaaren?

Wir wissen inzwischen, daß die Chromosomen die Träger der Gene sind und daß die Abfolge der Nucleotide auf dem DNS-Strang die Information für ein Merkmal codiert.

Mit unserer bereits genetisch geübten Denkweise schließen wir, daß homologe Chromosomen so gleich aussehen, weil sie auch gleiche Gene tragen, und liegen damit absolut richtig.

Allerdings können die beiden sich entsprechenden Gene auf den homologen Chromosomen durchaus verschiedene Allele codieren.
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GENE WERDEN MIT ENGLISCHEN BEGRIFFEN BEZEICHNET


Man ist nun übereingekommen, daß man die Gene mit den Anfangsbuchstaben der englischen Worte für das betreffende Merkmal bezeichnet.

So steht d für dilution = Verdünnung, also für das Gen, das die Farbdichte bestimmt und zugleich für das Allel der verdünnten Farbe, im Falle einer schwarzen Katze also für blau. Trägt die Katze das Allel D, dann zeigt ihr Fell die unverdünnte Farbe, sie ist schwarz.

Die Groß- und Kleinschreibung drückt aus, in welcher Beziehung die Allele eines Gens zueinander stehen. Das großgeschriebene dominante oder beherrschende Allel setzt sich in jedem Fall durch, egal wie das zweite Allel eines Genpaares auf dem homologen Chromosom aussieht.

Befindet sich dort das kleingeschriebene rezessive oder zurückweichende Allel, hat dies keinen Einfluß auf die Merkmalsausprägung.

Eine Katze ist schwarz, wenn das Genpaar für Farbdichte auf beiden homologen Chromosomen das dominante Allel D trägt. Sie ist aber auch dann schwarz, wenn nur eines der Homologen das Allel D aufweist, das rezessive d auf dem anderen homologen Chromosom spielt keine Rolle.

Ist aber auf den beiden Homologen das Allel d vorhanden, dann wird die Farbverdünnung "eingeschaltet", die Katze ist blau.
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REZESSIVE ALLELE AUF BEIDEN HOMOLOGEN PRÄGEN DEN PHÄNOTYP


Ebenso steht l für longhair = Langhaar und damit für das Gen, das die Haarlänge bestimmt.

Nur wenn auf beiden Homologen das rezessive l zu finden ist, trägt die Katze ein langes Haarkleid. Kurzhaarkatzen haben zweimal das dominante L oder auf dem einen Chromosom L und auf dem dazu homologen das rezessive l.

Um sich die ganze umständliche Beschreibung zu ersparen, spricht man einerseits vom Phänotyp und bezeichnet damit das äußere Erscheinungsbild bezüglich des zu beobachtenden Merkmals.
Dem stellt man den dazugehörigen Genotyp gegenüber und schreibt die betreffenden Allelenpaare, soweit bekannt, durch Schrägstrich voneinander getrennt hintereinander. So hat die phänotypisch blaue Katze den Genotyp d/d, etwas anderes ist nach dem oben gesagten gar nicht möglich, denn d ist das rezessive Allel.

Wenn beide Allele eines Genpaares gleich sind, dann bezeichnet man den Genotyp auch als homozygot. Woher dieser Fachausdruck stammt, werden wir später noch sehen, wenn wir nach der Meiose die Befruchtung besprechen, nehmen wir den Begriff erst mal einfach so hin. Für die phänotypisch schwarze Katze sind dagegen zwei Genotypen denkbar, nämlich D/D oder D/d. Das Allel für die unverdünnte Farbe muß nur mindestens einmal vorkommen.

Wenn, wie hier im zweiten Fall, die Allele eines Genpaares verschieden sind, dann spricht man von einem heterozygoten Genotyp. Man kann daher einer schwarzen Katze den Genotyp nicht ohne weiteres ansehen, man schreibt dann für das zweite, unsichere Allel einen Bindestrich als Platzhalter, bis man vielleicht durch gründliche Stammbaumanalyse oder durch die Nachkommen aus einer bestimmten Verpaarung das zweite Allel enttarnt und herausbekommt, ob die Katze bezüglich der unverdünnten Farbe homozygot oder heterozygot ist.

Der Genotyp D/- weist also in unserem Fall auch auf eine phänotypisch schwarze Katze hin. Die Kurzhaarkatze ist genotypisch entweder L/L, L/l oder L/-. Langhaarige Katzen müssen dagegen homozygot mitl/l ausgestattet sein.

Und die Halblanghaar?

Das ist ein Fall der zeigt, daß kaum ein Gen für sich alleine für ein Merkmal verantwortlich ist. Häufig spielen neben dem Hauptgen noch ganz andere Gene eine Rolle bei der Ausprägung eines Merkmals. Die Haarlänge ist ein solches polygen veranlagtes Merkmal mit einer großen Variationsbreite, denn die halblanghaarigen mit l/l sind ebenso homozygot wie die langhaarigen.
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DAS DRITTE CHROMOSOMENPAAR LÄSST ICH FINDEN


Jetzt wissen Sie sicher, was die Buchstaben auf den Chromosomen in Abb. 2 und Abb. 3 zu bedeuten haben.

Ich habe für unser Modell nicht nur die Chromosomenzahl reduziert, sondern ich will sogar noch einen Schritt weitergehen.

Nehmen wir jetzt und für unsere zukünftige Arbeit an, daß man auf den Chromosomen nicht nur bestimmte Gene lokalisieren kann, sondern sogar sehen kann, welches Allel auf welchem Chromosom sitzt. Da unsere Modellkatze von der Grundfarbe her schwarz sein soll, sorgt das homozygote d/d auf dem langen 1. Chromosomenpaar mit dem Zentromer in der Mitte dafür, daß sie phänotypisch blau aussieht.
Mit dem heterozygoten L/l auf dem kürzeren 2. Chromosomenpaar mit dem aus der Mitte verschobenen Zentromer muß sie kurzhaarig sein.

Und was ist mit dem 3. Chromosomenpaar ohne Buchstaben?

Überlegen Sie mal selber, vielleicht kommen Sie darauf, wenn Sie darüber nachdenken, ob es sich um eine Katze oder einen Kater handeln könnte.

Zugegeben, wir sind mit unserem Programm nicht so weit gekommen, wie geplant.

Mit der Mitose haben wir gerade eben angefangen, von der Meiose noch nichts gehört.

Aber diese Vorüberlegungen haben sich so selbstverständlich aus der allgemeinen Einführung in die Mechanismen der Zellteilungen ergeben, daß sie nicht ignoriert werden konnten.

Mit dem jetzt angesammelten Wissen führen wir das nächste Mal die Mitose schnell zu Ende und vertiefen uns in die Meiose. Dabei lösen sich auch die Rätsel "3. Chromosomenpaar" und "Chromatiden" fast von alleine.
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Diese Serie wurde in 18 Teilen sehr verständlich und detailliert im Jahr 1993 von Roland Fahlisch (Diplom Biologe) geschrieben und in der Zeitschrift Katzen Extra veröffentlicht.

Wir danken Monika und Roland Fahlisch herzlich
für Ihre schriftliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser tollen Serie.

Dreamhunters

(Wir bitten um Beachtung des Copyright - © Roland Fahlisch)
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