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TOXOPLASMOSE: QUEENIE'S SCHICKSAL

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QUEENIE'S SCHICKSAL

Eine jede Katze hat drei Namen
(mit freundlicher schriftlicher Genehmigung Kerstin Bake)
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Nach vielen Diskussionen mit meinem Freund kam überraschend die Einwilligung für eine dritte Katze, was daran gelegen haben dürfte, dass Holger unsere Kamikazekatze, unseren Spacken ins Herz geschlossen hatte und Shari bei uns bleiben sollte.
Am 10.03.2001 ging ein Traum von mir in Erfüllung, lang erwartet, heiß ersehnt wurde bei Claudia Haslinger "mein" Mädchen geboren.
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Wie viele Gedanken ich mir hinsichtlich des Namens gemacht habe, musste es doch ein englischer Name mit V sein. Der erste Gedanke war Voodoo Queen, Vanity oder Vision of Love. Die erste Version wurde in meiner Verwandtschaft allgemein belächelt, wäre ja wohl ein wenig bombastisch.
Aber ich war der Meinung A Flashpaws Voodoo Queen würde sich auf der Showbühne richtig Klasse anhören und Vanity war schon von Claudia belegt. Der dritte Name war nicht vernünftig abzukürzen.

Meine Katze bekam ihren ersten Namen Voodoo Queen - Queenie als Koseform. Wie wir alle wissen hat eine Katze drei wirkliche Namen, dass war der erste.

Am 16.06 holte ich meine kleine Zaubermaus aus Wien in einer Gewalttour ab. Im Nachtzug war an erholsamen Schlaf nicht zu denken, für die Kojen war ich mindestens 10 cm zu groß. In Wien angekommen hatte ich nicht mal eine Stunde Zeit, bevor mein Zug zurück fuhr. Der nächste passende Zug hätte meine sportlichen Fähigkeiten überfordert. Ganze 5 Minuten Zeit zum umsteigen auf ein anderen Bahnsteig, waren mir bei der Pünktlichkeit der Deutschen Bahn zu heiß. Der übernächste Zug hätte anstatt 12 Stunden gute 16 Stunden gebraucht. Ich entschied das 12 Stunden Zugfahrt ausreichen würden um Queenie näher kennen zu lernen.

Queenie war auf der Fahrt so lieb und ein derartiger Kindermagnet, dass ich erstens nicht mehr glauben kann, dass die Deutschen aussterben und zweitens die Befürchtung hatte, dass die Katze taub wäre, auch das größte Gequietsche und Gekreische ließ meine Katze ungerührt.

Zuhause angekommen waren Nana und Shari sofort da, um mich zu begrüßen. Und welch eine Überraschung, ich hatte ihnen etwas mitgebracht. Kein Fauchen oder Knurren von den Großen, allerdings ein vernehmliches Fauchen aus dem Kennel. Getreu dem Motto in seiner eigenen Burg braucht man sich nicht beleidigen lassen, war die gute Laune meiner beiden wie weggeblasen. Nana verzog sich fauchend zu ihren Babys und Shari ließ die Kleine nicht aus den Augen.

Dass sich die Katzen nicht mehr vertragen war die größte Angst meines Freundes. Wir haben unseren "Igel" Lilli (lebt glücklich und zufrieden bei meinem Bruder) noch in allzu "guter" Erinnerung. Aber nach zwei Tagen lagen Queenie und Shari zusammen auf dem Sofa und nach vier Tagen fauchte Nana nicht mehr. Mal gerade eine Woche im Haus schlief Queenie bei mir im Bett auf Sharis Lieblingsplatz und schlich sich zum saufen in die Wurfkiste von Nana.

Nach der Zugfahrt hatte Queenie eine Bindehautentzündung und überraschte mich mit ihrer perfekten Technik sich den herabfallenden Augentropfen zu entziehen.
Eine weitere Eigenart versetzte uns drei Mütter Nana, Shari und mich, das erste Mal in helle Aufregung, Queenie schrie wie am Spieß und quietschte zum Gotterbarmen. Wie ein Mann standen wir drei vor der kleinen Katze und mussten feststellen, dass sie nicht wie erwartet irgendwo eingeklemmt oder reingefallen war, sondern nur eine Fliege außer Reichweite belauerte und ihrer Empörung lauthals Luft machte.

So bekam Queenie ihren zweiten Namen Quietschie.
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Die erste Ausstellung war sehr erfolgreich. Queenie war ganz lieb und wurde nominiert  und Best in Show Kitten. Bei ihrer zweiten Ausstellung wurde sie wieder nominiert. Auch wenn einige sie auf der Ausstellung viel zu klein fanden, der Schwanz hätte länger sein können und die Fellfarbe kaum heller als bei Shari war, ich verliebte mich in ihr Gesichtchen und ihr zauberhaftes Wesen, sie schnurrt immer, wenn man sie anfasst und ich dachte mir größer wird sie von alleine.

Nana und Shari sind zwei Handaufzuchten. Ich habe ihnen jeweils 6 Wochen meines Lebens geopfert, bis sie endlich nicht mehr mit der Flasche gefüttert werden mussten. Die ersten drei Wochen alle zwei Stunden füttern, die "Nachtpause" habe ich als Arbeitszeit genutzt.
Beide liegen trotzdem eher bei meinem Freund als bei mir.

Queenie lag immer bei mir und ich hätte ein Jahr meines Lebens geopfert, wenn ich die Wahl gehabt hätte.

Am 05.09 fiel mir abends auf, dass Queenie ihr Bein nachzog. Sie verzichtet auch darauf immer wieder auf den Schoß zu springen auch wenn ich sie zehnmal wieder runter gesetzt hatte. Gleich am nächsten Tag vereinbarte ich einen Termin bei meinem Tierarzt. Ihm fiel nichts auf, und erst als sie über Hindernisse laufen sollte, bemerkte er es auch. Sie knickte leicht zur Seite weg. Mein Tierarzt tippte auf HD und wir vereinbarten einen Termin zum Röntgen am nächsten Tag. Die Untersuchung ergab, dass sie keinen Stuhlgang gehabt hatte. Am Freitag wurde sie unter Narkose geröntgt, ohne Ergebnis da alles noch zu klein und nicht richtig ausgeprägt war.
Das sie sich den Freitag nicht viel bewegte schob ich auf die Narkose. Am Samstag knickten ihr die Hinterbeine weg. Samstagmittag wieder zum Tierarzt. Betretene Gesichter, immer noch kein Stuhlgang, der Einlauf zeigte grünen Schleim und viel Katzenstreu im Kot. Vermutung des Tierarztes Vergiftung. Queenie bekam diverse Injektionen. Frage vom Tierarzt, ob sie als Österreicherin vielleicht mit Zecken (Borreliose) in Berührung gekommen ist. Am späten Samstagabend ist Queenie völlig gelähmt und kann nur noch ihr Köpfchen etwas bewegen. Sie kann kein Wasser mehr halten. Shari ist wunderbar, sie liegt eng bei der Kleinen, tröstet sie, putzt sie, lässt sie nicht alleine. Nächtliche Fahrt zum tierärztlichen Notdienst, Schulterzucken, die Bemerkung "ist mir in 20 Jahren noch nicht untergekommen", wieder Spritzen.

Sonntagsmorgen eine kleine Besserung? Sie kann alleine sitzen und kippt nicht sofort zur Seite. Einbildung? Wunschdenken? Egal ich fahre in die Tierklinik. Sie wird abgetastet hat Schmerzen und beisst um sich, dabei schnurrt sie die ganze Zeit. Ratlosigkeit, Tests, damit sie nicht austrocknet muss sie an den Tropf, das bedeutet stationäre Behandlung.

Ich fahre alleine nach Hause. Warten.

Ich rufe Claudia an, wir heulen zusammen.

Ich bin in der Firma und heule den ganzen Tag. Abends der Anruf, ob ich sie noch einmal sehen will? Sie wollen sie einschläfern, der Zustand hat sich verschlechtert. Dienstagmorgen ich habe sie noch einmal im Arm, ihre wunderschönen grünen Augen sehen mich an, sie schnurrt, genießt das streicheln und drückt sich an mich, reagiert auf meine Ansprache und knurrt einen Hund an. Sie kann nur noch das Köpfchen bewegen, scheint aber vom Kopf ganz klar zu sein und hat anscheinend keine Schmerzen, sie pinkelt mich ein. Ich bringe es nicht über mich sie einschläfern zu lassen auch wenn die aufgezogenen Spritze schon im Behandlungsraum liegt. Ein weitere Bluttest war gemacht worden, die Ergebnisse standen noch aus.
Ich bin nicht in der Lage zu arbeiten, melde mich ab und fahre nach Hause, weine den ganzen Tag.

Es ist der 11. September 2001. Abends rufe ich Claudia an, sie hofft auf ein Wunder, bei soviel Terror muß es doch Wunder geben. Ich bin völlig am Ende und habe die Hoffnung aufgegeben, da finden sie eher noch Überlebende im World Trade Center sage ich zu ihr. Mittwochmorgen zwei Polizisten werden aus den Trümmern geborgen. Die Wunder für diesen Tag sind aufgebraucht. Sitze heulend im Zug, quäle mich durch den Tag, habe den Kollegen bereits morgens gesagt, sie sollen mich bloß nicht auf Queenie ansprechen. Kämpfe ständig um meine Fassung, habe Tränen in den Augen, aber da bin ich am 12. September nicht die einzige.

Zuhause angekommen, der Anruf der Ärztin die Ergebnisse des Bluttests sind da, Antikörper gegen Toxoplasmose und akute Toxoplasmose nachgewiesen und zum Schluss Queenie ist am Nachmittag gestorben, ohne mich, allein einsam aber wohl ohne Schmerzen.

Am nächsten Morgen fahre ich tränenblind nach Oldenburg, um meine kleine Zaubermaus obduzieren zu lassen. Sie ist in einem blauen Plastiksack verschnürrt. Kein Abschied, kein letztes streicheln, ist vielleicht auch besser so, ich weiß nicht ob ich ihren Anblick ertragen hätte. Ich behalte das Bild in meiner Erinnerung, wie sie bei mir im Schloß liegt, die grünen Augen bittend auf mich gerichtet, wir beide hilflos und ich wußte ihr dritter Name ist Leid.

Der Obduktionsbefund ergab eine hochgradige chronische, eitrige Hirnhaut- und Gehirnentzündung.

Ich vermisse sie so sehr. Drei Monate ist sie schon fort und die Nächte in denen ich wach liege werden seltener.

Selbst in meinen Träumen weine ich um dich und ich weiß, ein Stück meines Herzens ging mit Dir.

Toxoplasmose kann bei Katzen unter 6 Monaten zu schweren Verlaufsformen wie z.B. eine Gehirnhautentzündung führen.
Queenie wurde 6 Monate und 2 Tage alt.
Toxoplasmose gilt allgemein als harmlos für Katzen und Menschen (Ausnahme Schwangere, hier kann es zu schweren Mißbildungen der Embryonen kommen) ein wenig Durchfall und das wars. Übertragungsmöglichkeit Nummer 1 rohes Rindfleisch, aber auch Lammfleisch. Möglich ist eine Übertragung im Mutterleib oder Ansteckung durch infizierte Tiere, denkbar sind hier auch z.B. der Kot von Vögel oder sogar Silberfischchen.

Weder Nana noch Shari hatten Toxoplosmose oder Antikörper dagegen entwickelt.
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